"Fußball-Rebellinnen: Trotz Frauenfußball-Verbot des DFB - sie spielten trotzdem"

- ein Bericht von Judith Dietermann.

 

Seit 50 Jahren spielen bei uns an der Niedwiesen auch Frauen Fußball. Eine Tradition auf die wir sehr stolz sind. Wie alles begann, könnt ihr in der FNP - Frankfurter Neue Presse lesen. Unsere Mittwochsbabblerinnen - damals wie heute ein Highlight!


Seit 50 Jahren gibt es bei der TSG 51 eine Frauenfußball-Mannschaft. Gegründet hat sie sich in einer Zeit, als das runde Leder für Damen in Deutschland eigentlich tabu war.

Eschersheim - "1969: Gründung der ersten Damenmannschaft der TSG 1951. Betreuerinnen: Frau Braun und Frau Müller". So ist es in der Chronik der TSG 51 vermerkt. Sechs Jahre später folgte die erste Mädchenmannschaft, die aus der damaligen Gymnastikgruppe entstand. Spätestens jetzt war klar: Der Frauenfußball ist in dem Verein aus der Niedwiesenstraße angekommen.Während es heute völlig normal ist, dass nicht nur Männer, sondern auch Frauen Fußball spielen, war es Anfang der 1970er Jahre alles andere als selbstverständlich. Der Deutsche Fußball Bund (DFB) hatte dies sogar verboten. Doch einige mutige junge Frauen aus Eschersheim ließen sich dadurch nicht beirren. Sie wollten unbedingt Fußball spielen und gründeten deswegen bei der TSG 51 eine Mannschaft.

Trotz Verbot des DFB: In Frankfurt spielen Frauen Fußball

Eine von ihnen ist Ingrid Dorrmann. Die 62-Jährige sitzt im TSG Stübchen in der Niedwiesenstraße, gemeinsam mit fünf anderen Frauen. Den Frauen, mit denen sie damals gemeinsam den Frauenfußball nach Eschersheim brachte. "Ja, wir sind schon ein bisschen stolz auf uns, dass wir etwas zu dieser positiven Entwicklung beitragen konnten", sagt Dorrmann.

Gemeinsam, erzählt Dorrmann, seien sie und ihre Freundinnen vor 50 Jahren auf die Idee gekommen, auch Fußball zu spielen. So, wie ihre Brüder es taten. "Die Reaktionen waren nicht überraschend. Zunächst sind wir ausgelacht und auch in den kommenden Jahren noch belächelt worden", erinnert sich Christine Balzer, mit 71 Jahren die Älteste in der Runde.

Davon ließen sie sich ebenso wenig beeindrucken, wie von dem Spielverbot des DFB. Also packten die jungen Frauen es an, engagierten einen Trainer und los ging es. Zweimal die Woche trafen sie sich zum Training auf dem Platz an der Niedwiesenstraße und lernten, Fußball zu spielen. "Von der Pike auf", sagt Dorrmann.

Frauenfußball in Frankfurt: Erster Sieg gegen Niederrad trotz DFB-Verbot

In Freundschaftsspielen maßen sich die TSG-Mädels fortan mit anderen Mannschaften, von denen es jedoch nur wenige gab. Gegen welches Team sie ihre Premiere feierten, da sind sich die Damen uneinig. "Es wird wohl die NSG Oberst Schiel aus Niederrad gewesen sein", meint Bettina Feige. Nicht diskutieren müssen die ehemaligen Spielerinnern derweil über die Ergebnisse. Oder besser gesagt über die Höhe der Niederlagen. Denn die waren zunächst immer zweistellig. 0:22, 0:19 oder 1:15 werden da in den Raum geworfen."Es ging uns auch nicht ums Gewinnen, sondern um den Spaß. Zudem hatten wir gegen die Spielerinnen von Oberst Schiel so gut wie keine Chance. Das waren gestandene Frauen und wir junge Mädels", sagt Ingrid Dorrmann. Ihren ersten Sieg feierte die TSG schließlich gegen Union Niederrad.

Ende 1970 hob der DFB schließlich das Verbot für Frauenfußball auf, die ersten Ligen gründeten sich. Die TSG spielte in der Kreisliga, Betreuerin wurde die Mutter von Ingrid Dorrmann. Die schrieb der DFB vor, schließlich durfte der Trainer, stets ein Mann, nicht in die Kabine. Wobei die TSG gar keine Kabine hatte. Das Vereinsheim war noch nicht gebaut, die Frauen zogen sich in einer Privatwohnung um.

Frauenfußball in Frankfurt trotz DFB-Verbot:

"Das waren andere Zeiten. Wir haben auch noch auf Asche gespielt, das hat uns hart gemacht", sagt Christine Balzer. Je mehr Matsch, desto besser, fügt Dorrmann hinzu. Sie war die Torfrau. Fanny Hohmann (57), die als 14-Jährige aus der Mädchen- in die Damenmannschaft kam, spielte im Sturm; Christine Balzer als Vorstopper und Bettina Feige war linker Läufer. Positionen, die es heute so nicht mehr gibt. Ohnehin habe sich sehr viel geändert, sagt Christine Balzer. Die Technik sei eine ganz andere, das Spiel sei schneller geworden.

Das hinge sicher auch mit dem intensiveren Training zusammen. Balzer selbst musste sich aber stets sputen, um pünktlich auf dem Platz zu stehen. Denn sie arbeitete als Verkäuferin bei Kaufhof, pünktlich um 18.30 Uhr sprang sie in der Innenstadt in Bus oder Bahn. Waren die zu spät, kam auch Balzer nicht pünktlich zum Training. Da nutzte es auch nichts, dass sie sich direkt auf dem Platz umzog. Sie musste trotzdem ihre Extra-Runde drehen. "Dafür, dass wir nur zum Spaß spielten, war das schon hart", sagt Balzer.
Frauenfußball in Frankfurt trotz DFB-Verbot: "Zeit niemals vergessen"

Doch diese Härte zahlte sich aus. 1981 stieg die Mannschaft in die Bezirksliga auf, 1987 in die Landes- und 1992 in die Oberliga. Auch gegen Kickers Offenbach spielte die TSG schon, 0:19 verloren sie. Nach einem Spiel auf Schnee und Eis. All diese Erlebnisse haben die Frauen zusammengeschweißt. Bis heute treffen sie sich wöchentlich zum Stammtisch, alle engagieren sich ehrenamtlich bei der TSG. Christine Balzer seit mittlerweile 50 Jahre. Dafür wird sie nun ausgezeichnet.

"Ohne unsere Tini läuft hier nichts", sagt Bettina Feige. Dann kramt Balzer ihren alten Spielerpass aus der Tasche, ausgestellt am 12. März 1971 vom Hessischen Fußball-Verband. Er trägt die Nummer 221. "Den habe ich aufgehoben. Weil er mich an eine Zeit erinnert, die ich niemals vergessen möchte", sagt sie.